Angesichts zunehmender Trockenperioden und steigender Wasserknappheit setzen Schweizer Behörden und Wissenschaftler verstärkt auf innovative Lösungen, um die Wasserversorgung nachhaltiger zu gestalten. Eine der vielversprechendsten Initiativen ist die Nutzung von gereinigtem Abwasser für die Landwirtschaft.
Dieses Konzept, das bereits in mehreren Ländern erfolgreich getestet wurde, könnte in der Schweiz eine wichtige Rolle spielen, um die Versorgung von Feldern mit Wasser sicherzustellen, ohne dabei natürliche Wasserquellen übermäßig zu belasten. Eine neue Studie der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) zeigt vielversprechende Ergebnisse.
Warum ist Wasserknappheit ein Problem für die Schweizer Landwirtschaft?
Die Schweiz wird oft als wasserreiches Land betrachtet, doch in den letzten Jahren haben längere Trockenperioden und steigende Temperaturen gezeigt, dass der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft überdacht werden muss.
Zunehmende Trockenheit: Besonders in den Sommermonaten sind Landwirte in vielen Regionen auf künstliche Bewässerung angewiesen.
Konkurrenz um Wasserressourcen: Trinkwasser, industrielle Nutzung und landwirtschaftliche Bewässerung stehen zunehmend in Konkurrenz zueinander.
Klimawandel: Prognosen zeigen, dass Hitzewellen und unregelmäßige Niederschläge in Zukunft häufiger auftreten werden.
Die Verwendung von gereinigtem Abwasser könnte dazu beitragen, diese Herausforderungen zu bewältigen und gleichzeitig nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken zu fördern.
Wie funktioniert die Nutzung von gereinigtem Abwasser in der Landwirtschaft?
Moderne Kläranlagen können Abwasser so aufbereiten, dass es frei von Schadstoffen, Bakterien und chemischen Rückständen ist. Der Prozess umfasst mehrere Schritte:
Mechanische Reinigung: Entfernung von Feststoffen und Verunreinigungen aus dem Abwasser.
Biologische Behandlung: Mikroorganismen bauen organische Stoffe ab.
Chemische Reinigung: Entfernung von Stickstoff, Phosphor und anderen schädlichen Stoffen.
Desinfektion: UV-Licht oder Ozonbehandlung eliminieren Krankheitserreger.
Nach diesem Prozess ist das Wasser klar, sicher und für landwirtschaftliche Bewässerung geeignet. In einigen Projekten wird es zusätzlich mit Mikronährstoffen angereichert, um das Pflanzenwachstum zu fördern.
Erfolgreiche Pilotprojekte in der Schweiz
Mehrere Schweizer Kantone testen derzeit den Einsatz von gereinigtem Abwasser in der Landwirtschaft.
1. Kanton Waadt: Abwasser für Weinberge
Ein Pilotprojekt im Lavaux-Gebiet untersucht, wie gereinigtes Abwasser zur Bewässerung von Weinbergen genutzt werden kann.
Erste Ergebnisse zeigen, dass die Weinqualität nicht beeinträchtigt wird und der Wasserverbrauch um 30 % gesenkt werden konnte.
2. Zürich: Gemüseanbau mit aufbereitetem Wasser
Landwirte im Zürcher Oberland nutzen gereinigtes Abwasser zur Bewässerung von Gemüsefeldern.
Eine begleitende Studie bestätigt, dass das Wasser keine Schadstoffe enthält und die Erträge stabil bleiben.
3. Tessin: Bewässerung von Obstplantagen
In südlichen Regionen der Schweiz, wo Wasser besonders knapp ist, wird getestet, wie gereinigtes Abwasser zur Bewässerung von Apfel- und Kirschbäumen eingesetzt werden kann.
Welche Vorteile hat dieses System?
✔ Nachhaltige Wassernutzung: Durch die Wiederverwendung von Wasser wird die Belastung natürlicher Wasserquellen reduziert.
✔ Geringere Kosten für Landwirte: Die Nutzung von aufbereitetem Wasser kann günstiger sein als traditionelle Bewässerungsmethoden.
✔ Reduzierung von Düngemitteln: In gereinigtem Abwasser sind oft natürliche Nährstoffe enthalten, die den Einsatz von künstlichem Dünger reduzieren können.
✔ Bessere Klimaanpassung: Landwirte können auch in Trockenperioden ihre Erträge stabil halten.
Herausforderungen und offene Fragen
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch einige Herausforderungen:
Akzeptanz in der Bevölkerung: Viele Menschen stehen der Idee skeptisch gegenüber, da Abwasser mit negativen Assoziationen verbunden ist.
Regulierung und Hygiene: Strenge Kontrollen sind notwendig, um sicherzustellen, dass das Wasser keine Schadstoffe enthält.
Infrastrukturkosten: Der Umbau von Kläranlagen und der Aufbau von Bewässerungssystemen mit aufbereitetem Wasser erfordern Investitionen.
Laut einer aktuellen Umfrage von Swiss Water Research sind jedoch 65 % der Schweizer Landwirte offen für den Einsatz von gereinigtem Abwasser, wenn es strenge Sicherheitskontrollen gibt.
Zukunftsausblick: Wird gereinigtes Abwasser bald flächendeckend genutzt?
Experten gehen davon aus, dass gereinigtes Abwasser in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle in der Schweizer Landwirtschaft spielen könnte. Das Bundesamt für Umwelt plant bereits, in den nächsten fünf Jahren gezielt Förderprogramme für innovative Wasserwiederverwendung zu starten.
Länder wie Israel und Spanien haben bereits bewiesen, dass aufbereitetes Abwasser ein nachhaltiger Weg sein kann, um Wasserknappheit zu bekämpfen. Die Schweiz könnte von diesen Erfahrungen profitieren und ihre Wassernutzung effizienter gestalten.
Fazit: Eine innovative Lösung für die Zukunft
Die Nutzung von gereinigtem Abwasser für die Landwirtschaft ist eine vielversprechende Lösung für eines der drängendsten Probleme der Schweizer Landwirtschaft: die zunehmende Wasserknappheit. Durch technologische Innovationen, strenge Qualitätskontrollen und die Unterstützung der Landwirte könnte diese Methode in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Wassernutzung in der Schweiz spielen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich dieses Modell flächendeckend durchsetzen kann – doch die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.