Die Stadt St. Gallen hat eine bedeutende Entscheidung getroffen: Ab Januar 2025 tritt eine neue Verordnung zum Schutz von Stadtbäumen in Kraft, die strengere Auflagen für das Fällen und den Erhalt von Bäumen im städtischen Raum vorsieht. Mit dieser Maßnahme möchte die Stadtverwaltung den steigenden Umweltbelastungen entgegenwirken, die Luftqualität verbessern und das städtische Mikroklima positiv beeinflussen.
Das neue Regelwerk verpflichtet nicht nur öffentliche Stellen, sondern auch private Grundstücksbesitzer, bestimmte Standards beim Umgang mit Bäumen einzuhalten. Experten sehen darin einen wichtigen Schritt zur nachhaltigen Stadtentwicklung und zum Schutz der urbanen Biodiversität.
Warum sind Stadtbäume so wichtig?
Bäume in Städten erfüllen viele wichtige Funktionen:
Luftreinigung: Sie filtern Schadstoffe und Feinstaub aus der Luft und verbessern dadurch die Luftqualität.
Klimaregulation: Bäume bieten Schatten, reduzieren die Hitzeentwicklung in der Stadt und tragen zur Senkung der Umgebungstemperatur bei.
Lärmreduzierung: Sie dämpfen Verkehrs- und Stadtlärm und sorgen für eine angenehmere Wohnatmosphäre.
Lebensraum für Tiere: Stadtbäume bieten Lebensraum für zahlreiche Vogel- und Insektenarten und fördern die biologische Vielfalt.
Gerade in Zeiten des Klimawandels wird ihre Bedeutung noch größer: Starke Hitzeperioden und unregelmäßige Niederschläge belasten die Städte zunehmend. Stadtbäume wirken diesen Effekten entgegen und helfen, die städtischen Lebensräume an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen.
Die wichtigsten Änderungen der neuen Verordnung
Die Stadtregierung von St. Gallen hat mit Experten für Umwelt- und Stadtplanung ein umfassendes Maßnahmenpaket entwickelt, das verschiedene Aspekte des Baumschutzes abdeckt. Die wichtigsten Änderungen umfassen:
1. Strengere Regeln für Baumfällungen
Bäume mit einem Stammumfang von mehr als 80 cm dürfen nur noch mit einer behördlichen Genehmigung gefällt werden.
Ersatzpflanzungen sind verpflichtend: Wird ein Baum gefällt, muss an gleicher Stelle oder in der näheren Umgebung ein neuer gepflanzt werden.
Ausnahmegenehmigungen sind nur bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder für notwendige Infrastrukturmaßnahmen möglich.
2. Finanzielle Anreize für Baumerhalt und Neupflanzungen
Private Grundstücksbesitzer, die große und gesunde Bäume erhalten, erhalten Steuervergünstigungen oder Fördermittel.
Neupflanzungen von einheimischen Baumarten werden von der Stadt finanziell unterstützt.
3. Erweiterung der Schutzgebiete für Stadtbäume
Bestehende Grünflächen und Parkanlagen werden unter besonderen Schutz gestellt.
Straßenbäume erhalten bessere Pflege, um ihre Lebensdauer zu verlängern.
Private Gärten mit wertvollen alten Bäumen werden in den Schutzkatalog aufgenommen.
4. Aufklärungskampagnen für Bürgerinnen und Bürger
Die Stadt plant Informationsveranstaltungen und Kampagnen, um die Bevölkerung für den Wert von Stadtbäumen zu sensibilisieren.
Schulen werden in das Programm einbezogen, um Kindern und Jugendlichen frühzeitig den respektvollen Umgang mit der Natur zu vermitteln.
Unterstützung durch Umweltorganisationen und Stadtbewohner
Die neue Regelung wird von Umweltverbänden, Naturschutzgruppen und der Bevölkerung positiv aufgenommen. Die Organisation "St. Gallen Green Future" bezeichnet die Maßnahmen als „richtungsweisend“ und fordert weitere Städte auf, ähnliche Regelungen einzuführen.
Auch viele Bürgerinnen und Bürger begrüßen die Entscheidung. Laut einer aktuellen Umfrage des Umweltamts sind 72 % der Einwohner von St. Gallen für einen verstärkten Schutz der Stadtbäume, während nur 15 % die neuen Regelungen als zu streng empfinden.
Einwohnerin Lisa Meier, die in der Nähe des Stadtparks wohnt, sagt:
"Ich finde es großartig, dass unsere Bäume besser geschützt werden. In den letzten Jahren haben wir gesehen, wie viele Bäume aus wirtschaftlichen Gründen gefällt wurden. Das muss ein Ende haben."
Herausforderungen und offene Fragen
Trotz der positiven Reaktionen gibt es auch Herausforderungen, die mit der Umsetzung der neuen Vorschriften verbunden sind:
Bürokratischer Aufwand für Privatbesitzer
Kritiker befürchten, dass die Genehmigungsverfahren für Baumfällungen zu aufwendig werden könnten.
Grundstücksbesitzer fordern klare und einfache Prozesse für Ausnahmefälle.
Finanzielle Belastung für die Stadt
Die Stadtverwaltung muss zusätzliche Mittel für die Pflege und Neupflanzung von Bäumen bereitstellen.
Einige Bürger fragen sich, ob die Stadt genug Budget für diese Maßnahmen hat.
Langfristige Auswirkungen auf Stadtentwicklung
In einigen Neubaugebieten könnte die neue Verordnung zu Verzögerungen oder zusätzlichen Baukosten führen.
Stadtplaner müssen sicherstellen, dass neue Bauprojekte mit dem Baumschutz vereinbar sind.
Was bedeutet das für die Zukunft von St. Gallen?
Mit der Einführung der neuen Schutzmaßnahmen geht St. Gallen einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Stadtentwicklung. Experten sind sich einig, dass der Schutz von Stadtbäumen langfristig positive wirtschaftliche und ökologische Effekte haben wird.
Professor Markus Lehmann, Experte für Stadtökologie an der Universität Zürich, erklärt:
"Investitionen in den Baumschutz sind Investitionen in die Zukunft. Städte mit einer guten grünen Infrastruktur sind widerstandsfähiger gegenüber Klimawandel, bieten bessere Lebensqualität und steigern den Immobilienwert."
Wenn sich das Modell in St. Gallen bewährt, könnten bald auch andere Schweizer Städte ähnliche Regelungen einführen. Basel und Bern haben bereits Interesse bekundet, ähnliche Maßnahmen für ihren städtischen Baumbestand zu prüfen.